Hämodialyse zur Reduktion von Cyclophosphamid-Toxizität
Die intravenöse Cyclophosphamid-Therapie zählt heutzutage zum Standard bei der Behandlung der schweren Lupusnephritis oder der ANCA-assoziierten Vaskulitiden mit Nierenbeteiligung und hat zu einer entscheidenden Prognoseverbesserung im Vergleich zur Vor-Cyclophosphamid-Ära beigetragen. Durch die intravenöse Applikation konnte die Lebenddosis bereits deutlich reduziert werden. Nachwievor stellt die Toxizität der Behandlung jedoch ein Problem dar, welches das Gesamt-Outcome durch Komplikationen wie persistierende Knochenmarksdepression, Infektionen, Infertilität, Neoplasien, Kardiotoxizität verschlechtert. Cyclophosphamid akkumuliert bei Niereninsuffizienz und wird deshalb in der Regel an die Nierenfunktion angepasst dosiert. Eine Möglichkeit, die wir regelmäßig nutzen, ist der gezielte Einsatz der Hämodialyse, um Cyclophosphamid zu eliminieren und so die Gesamtexposition zu reduzieren - unter der Vorstellung einer weiteren Verringerung von Toxizität ohne gleichzeitig die Effektivität der Behandlung zu beeinträchtigen.
Drastische Abnahme der renalen Cyclophosphamid-Exkretion
Cyclophosphamid ist ein Prodrug. Es ist in vitro inaktiv und wird in vivo in der Leber aktiviert. Cyclophosphamid und seine Metabolite werden größtenteils renal eliminiert. Unter der Vorstellung, dass eine reduzierte renale Ausscheidung des intakten Cyclophosphamids auch in einer Zunahme seiner bioaktiven Metabolite resultiert, haben Haubitz et al. die Cyclophosphamid-Elimination gemessen [1].
Die renale Elimination von Cyclophosphamid nimmt mit dem Schweregrad der Niereninsuffizienz ab. Abbildung modifiziert nach Haubitz et al. [1]
In der Abbildung oben sehen Sie, dass erwartungsgemäß die renale Exkretion von Cyclophosphamid in Korrelation zum Schweregrad der Niereninusffizienz abnimmt. Bei einer Kreatinin-Clearance unter 10 ml/min werden weniger als 5% der applizierten Dosis renal ausgeschieden [1].
Reduktion der Exposition durch Dialyse
Die reduzierte renale Ausscheidung bei Niereninsuffizienz resultiert in einer höheren Gesamtexposition, wie Sie in der Abbildung sehen. Sie sehen aber auch, dass die Hämodialyse den Effekt der reduzierten renalen Elimination partiell ausgleicht. So lag die Gesamtexposition bei Hämodialyse-Patienten lediglich 23% höher, ohne Hämodialyse wäre sie mindestens 77% höher als beim Nierengesunden, wohlgemerkt trotz an die Nierenfunktion angepasster Applikationsdosis. Eine reduzierte Medikamenteneffektivität ist nicht zu erwarten, so liegt ja die Gesamtexposition trotz Dialysebehandlung immer noch höher als bei normaler Nierenfunktion. Cyclophosphamid ist chemisch dem Stickstofflost verwandt, als Prodrug ohne wesentliche Eiweißbindung und mit 279 Da ein sehr kleines Molekül. Folglich ist es bei einem Cut-off von 10-12 kDa einer Low Flux Kapillare (wie in der Arbeit von Haubitz et al. angewandt) oder 25kDa einer High Flux Kapillare sehr gut dialysabel.
Die systemische Exposition (area under the curve, AUC) korreliert mit dem Stadium der Niereninsuffizienz. Unter Hämodialyse wurde jedoch eine wieder relativ geringe AUC gemessen, da CYC gut dialysabel ist. Durch den gezielten Einsatz der Dialyse kann auf diese Weise die Exposition und damit Toxizität reduziert werden. Abbildung modifiziert nach Haubitz et al. [1]
Pulstherapie koordinieren mit der Hämodialyse
Konkret kann die CYC-Pulstherapie wie folgt durchgeführt werden: Bis zu einer GFR um 30 ml/min ist keine Dosisreduktion erforderlich, außer andere Dinge als die Nierenfunktion zwingen hierzu, wie etwa eine Lymphozytopenie oder Patientenunverträglichkeit. Liegt die GFR darunter kann zunächst die Dosis reduziert werden. Insbesondere jedoch bei höhergradiger Nierenfunktionseinschränkung würden wir diese Patienten 12 Stunden nach der Exposition über 4 Stunden hämodialysieren. Zumeist werden Patienten, bei denen man etwa aufgrund einer ANCA-assoziierten Erkrankung eine Pulstherapie beginnt, bereits wegen des Nierenversagens dialysiert, so dass sie schon einen Gefäßzugang besitzen. Andernfalls benötigen die Patienten einen Shaldon-Katheter zur CYC-Elimination. Auch um eine Unterdosierung des Cyclophosphamids bei schwerer Erkrankung durch eine Dosisanpassung zu vermeiden, kann bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz die normale Cyclophosphamid-Dosis appliziert werden - vorausgesetzt der Patient erhält 12 Stunden danach eine Hämodialysebehandlung.
12-18 Stunden nach der Cyclophosphamid-Exposition wird eine 4-stündige Hämodialyse durchgeführt, um dieses zu eliminieren. Als sehr kleines Molekül von weit unter 1 kDa Größe ist es sehr gut dialysabel. Praktischerweise appliziert man den intravenösen CYC-Stoß am Abend und plant die Dialysesitzung für den kommenden Morgen.