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Membranöse Glomerulonephritis

Wie die membranoproliferative GN handelt es sich um eine Immunkomplex-Erkrankung. Die Immunkomplexe liegen bei der (epi-)membranösen GN subepithelial, führen also nicht zu einer Komplementaktivierung, ein Komplementverbrauch bei der membranösen Lupus-GN Typ 5 erklärt sich durch eine extrarenale SLE-Aktivität. Die membranöse GN führt über eine Podozytenschädigung zu einem nephrotischen Syndrom. Die idiopathische membranöse GN geht im Gegensatz zu der membranösen Lupus-GN oder anderen Formen bei rund 70% der Patienten mit Antikörpern gegen podozytäre A2-Phospholipase-Rezeptoren einher, welche auch mit der Krankheitsaktivität zu korrelieren scheinen und in Zukunft möglicherweise eine prognostische Aussage erlauben werden [1]. In diesem Zusammenhang könnte die Wirkung einer B-Zell depletierenden Therapie durch Cyclophosphamid oder Rituximab erklärt werden.

Ätiologie

• Idiopathisch
• Virushepatitis B/C
• paraneoplastische Genese
• parasitäre Erkrankungen wie Malaria, Schistosomiasis, Echinokokkus
• Lupus erythematodes, Rheumatoide Arthritis
• Lues, Borrelien
• NSAID-assoziiert
• Assoziation mit M. Crohn und Hashimoto-Thyreoiditis
• diagnostisch sollte eine Kryoglobulinämie ausgeschlossen werden

Therapieprinzipien

• Die membranöse GN wird zunächst 6 Monate supportiv behandelt, außer bei Vorliegen einer high-risk Konstellation (Proteinurie > 8 g/d und/oder Kreatinin-Erhöhung), dann sollte bereits früher reevaluiert werden.
• Bei einer rasch progredienten Nierenfunktionsverschlechterung und/oder extrakapillärer Proliferation sollte im Sinne einer RPGN behandelt werden.
• Die membranöse Lupus-GN Typ 5 bildet auch eine Ausnahme, hier sollte immunsuppressiv analog der Lupus-GN Therapie behandelt werden ohne Zuwarten, da aus prognostischen Aspekten innerhalb von 6 Monaten eine Remission erzielt werden sollte!

Supportive Behandlung

• RAAS-Blockade
• Blutdruckeinstellung < 125/75 mm Hg
• Statin-Therapie
• Kochsalzrestriktion < 6 g/d
• Nikotinkarenz
• systemische Antikoagulation bei Hypalbuminämie < 2,5 g/dl

Immunsuppression

Wenn eine high-risk Konstellation vorliegt oder sich nach 6 Monaten Supportivtherapie immer noch eine Proteinurie > 4 g/d findet, besteht die Indikation für eine immunsuppressive Therapie, jedoch zurückhaltend bei bereits fortgeschrittener Niereninsuffizienz/ tubulointerstitieller Fibrose. Unter der Vorstellung eines AK-vermittelten Geschehens im Falle des Nachweises von Phospholipase-A2-Rezeptor-AK kann man sich die Wirkung der B-Zell-depletierenden Therapie mit Cyclophosphamid oder Rituximab erklären, sowie auch eine proliferationshemmende Wirkung von MMF, während CSA hier vielleicht weniger kausal wirkt und die Proteinurie nur durch eine präglomeruläre Vasokonstriktion senkt. Insofern wird der Nachweis der Antikörper künftig möglicherweise mehr in die Therapieentscheidung mit einfließen. Nach den KDIGO-Empfehlungen 3/2011 gibt es derzeit bei der idiopathischen membranösen Glomerulonephritis keine klare Evidenz für eine CYC-Pulstherapie, die möglicherweise nicht die Effektivität der oralen Applikationen erreicht. So ist das modifizierte Ponticelli-Schema weiterhin die immunsuppressive Standardtherapie.

• modifiziertes Ponticelli-Schema für 6 Monate:
Monat 1,3 und 5 - Methylprednisolon 1000 mg i.v. Tag 1-3, dann Prednisolon 0,5 mg/kg/d p.o. für 27 Tage
Monat 2,4 und 6 - Cyclophosphamid oral 2 mg/kg/d für 30 Tage (unter Kontrolle der Leukozytenzahl, Therapiepause bei Leukos<3500/µl!)
• Alternative mit Ciclosporin A + Steroiden bei Kontraindikationen für das Ponticelli-Schema oder bei Kinderwunsch: CSA beginnend mit 2x100 mg/d (Zielspiegel 120-200 ng/ml) und Prednisolon bis 15 mg/d, bei Ansprechen nach 6 Monaten nochmals Therapie über weitere 6 Monate (ingesamt max. 12 Monate), bei Kreatinin-Anstieg CSA-Dosis reduzieren.
• MMF bei Rezidiv: beginnend mit 2x1 g/d unter Blutbildkontrollen, begleitend Steroide bis 15 mg/d, Dauer der Therapie je nach klinischem Ansprechen, Abbruch bei Therapierefraktärität über 6 Monate.
• Rituximab 375 mg/m² pro Woche, insgesamt 4x oder alternativ 2x1000 mg im 2wöchigen Abstand als experimentelle Therapie, zurückhaltend bei bereits Vorliegen einer fortgeschrittenen tubulointerstitiellen Fibrose! Möglicherweise in Zukunft präferierte Therapie bei Nachweis von PLA2R-AK.

Begleittherapie zu Cyclophosphamid

• Cotrim forte® 3x/Wo. zur PJP-Prophylaxe oder Pentamidin-Inhalationen alle 4 Wochen
• Ampho-Moronal 4x2 Pip. zur Soor-Prophylaxe
• zur Prophylaxe einer Amenorrhoe/ prämaturen Ovarialinsuffizienz bei Frauen Applikation von GnRH-Analoga (bspw. Decapeptyl® 3,75mg i.m. oder Zoladex® 3,6mg s.c. alle 4 Wochen) während der Cyclophosphamid-Therapie
• Infertilität beim Mann durch Azoospermie möglich (auch schon bei geringer Kumulativdosis von 3-4g), möglicherweise zum Teil vorbestehende Oligospermie dokumentieren (andrologische Vorstellung vor Therapie, ggf. Kryokonservierung)

Patientenbeispiel

48jähriger Patient mit wahrscheinlich Acquisition einer transfusionsbedingten Virus-Hepatitis C (Genotyp 1b) im Rahmen eines Motorradunfalles 1981
• bei Proteinurie und Kryoglobulinämie 1999 zunächst Ribavirin- und IFN-Therapie mit erfolgreicher Viruselimination
• bei persistierend nephrotischem Syndrom 2004 Nierenbiopsie, Diagnose einer membranösen GN, histologisch bereits chronischer tubulointerstitieller Schaden
• 2004 Ciclosporin A Therapie ineffektiv
• 2005 Ponticelli-Schema mit wechselweise Prednisolon und oralem Cyclophosphamid effektiv mit Rückgang der Proteinurie
• im Weiteren lediglich Fortführung der Supportivtherapie, darunter stabile Nierenfunktion mit GFR um 45 ml/min
• HCV-RNA persistierend negativ, Kryoglobuline ebenfalls weiterhin negativ


Autor: Dr. Georg Georges, Tübingen

Literatur

1. Anti-Phospholipase A2 Receptor Antibodies Correlate with Clinical Status in Idiopathic Membranous Nephropathy. Hofstra et al., Clin J Am Soc Nephrol. 2011 Apr 7

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